Quattro, xDrive, 4Motion… Was sind die Unterschiede zwischen den Allradantrieben – und braucht man überhaupt einen?

Foto: Volkswagen

  • Der Markenname verrät heute nichts mehr über die technische Lösung des Allradantriebs 
  • Quattro bedeutet im A3 etwas ganz anderes als im Q8
  • Die in der Vergangenheit oft kritisierten kupplungsbasierten Systeme sind in der Praxis dank moderner elektronischer Steuerung oft gleichwertig mit Systemen mit mechanischen Differenzialsperren
  • Für viele Autofahrer ist der Allradantrieb in herkömmlichen Autos nicht so vorteilhaft, wie viele glauben 

Obwohl der Kauf eines Autos für die meisten von uns eine langfristige Investition ist, schlagen kurzfristige Wellen stark in die Entwicklung der Nachfrage. Auch hier bei Carvago.com stellen wir fest, dass das Interesse an Fahrzeugen mit Allradantrieb mit dem Einsetzen des richtigen Winterwetters am stärksten ist. Für die Kunden ist das Angebot jedoch oft verwirrend, sie haben eine verzerrte Vorstellung von der Bedeutung der verschiedenen Markennamen und unterliegen manchmal einer „Volksweisheit“, die vielleicht schon vor dreißig Jahren gültig war. Wie kann man sich also zurechtfinden?

Die detaillierte technische Erklärung überlassen wir den Autozeitschriften. Es genügt zu wissen, dass es drei Grundtypen von Allradantrieb gibt: zuschaltbarer Allradantrieb mit starrer Kopplung der Achsen, permanenter Allradantrieb mit Zentraldifferential und automatisch zuschaltender Allradantrieb mit einer Art Kupplung als Zentraldifferential. 

Da die Carvago-Kunden etwas neuere und teurere Autos kaufen als der Marktdurchschnitt, ist auch der Anteil der Fahrzeuge mit Allradantrieb höher. Fast 36 % der von uns im vergangenen Jahr ausgelieferten Fahrzeuge hatten Allradantrieb. Europaweit ist der Volvo XC60 das beliebteste Auto mit Allradantrieb bei unseren Kunden, gefolgt von Škoda Kodiak und dem Mazda CX-5. Foto: Volvo Cars

Ein zuschaltbarer Allradantrieb koppelt die Vorder- und Hinterachse starr. Er hat kein Differential, lässt also die Vorder- und Hinterräder nicht mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten über die Straße rollen. Deshalb findet man ihn vor allem in älteren Geländewagen oder in Pick-up-Nutzfahrzeugen, wo er beim Durchqueren von tiefem Schlamm, Sand oder Schnee hilfreich ist. Für das Fahren auf der Straße ist er nicht gedacht – auf festem Untergrund verschlechtert er das Kurvenverhalten und erhöht die Belastung des gesamten Antriebssystems.

Das Problem, dass sich die Räder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten drehen, wird durch das Zentraldifferential gelöst. Man findet sie vor allem in Luxusautos und großen SUVs. Im Prinzip erfüllt es den gleichen Zweck wie das Achsdifferenzial, das jedes Auto zwischen den Rädern der Antriebsachse hat – auch ohne technische Kenntnisse kann man sich sicher vorstellen, dass das innere Rad in einer Kurve einen kürzeren Weg zurücklegt als das äußere, ähnlich wie ein Sportler auf einem Oval auf der äußeren Bahn mehr Meter laufen muss als derjenige, der am inneren Rand läuft.

Der Winter hat für diejenigen, die darauf vorbereitet sind, viel zu bieten. Lesen Sie, wie Sie Ihr Auto auf Schnee besser kontrollieren können

Die eigentliche Funktion des Differentials kann jedoch auf rutschigem Untergrund zu seiner Achillesferse werden. Wir haben erklärt, dass das Differential dazu dient, die Räder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten drehen zu lassen. Aber was ist, wenn zum Beispiel das linke Rad auf trockenem Asphalt und das rechte Rad auf Eis steht? In diesem Fall dreht das rechte Rad hilflos durch, ohne dass sich das Auto von der Stelle bewegt. Und das gleiche Prinzip gilt für das vierrädrige Fahrzeug.

Die Automobilkonstrukteure begannen daher, das Mitteldifferenzial mit einer so genannten Differenzialsperre auszustatten. Geländewagen haben in der Regel auch eine Sperre am hinteren und manchmal auch am vorderen Differential. Früher war dies oft eine Visko-Kupplung, heute ist es eher ein elektronisch gesteuertes Sperrdifferenzial. Auf beide werden wir später noch zu sprechen kommen. Das Differential kann aber auch automatisch „sperren“ – dann spricht man von Selbstsperrung. (Leider hört man relativ oft den Ausdruck „Sperrdifferenzial“, der eine technisch unsinnige Übersetzung des englischen Begriffs „limited slip differential“ ist – und wenn, dann mit VERSTÄRKTER Sperre, denn der Begriff „Sperre“ drückt genau die Fähigkeit aus, Schlupf zu verhindern). 

Es funktioniert auch ohne Differential 

Aber wenn es eine Kupplung gibt, mit der das Getriebe je nach Bedarf ein- und ausgekuppelt werden kann, könnte man den Allradantrieb dann nicht allein mit ihrer Hilfe lösen, ohne ein schweres und teures Zentraldifferential? Das würde funktionieren. Und weil es billiger, einfacher und wirtschaftlicher ist als eine massive Mechanik, ist es heute die absolut vorherrschende Lösung für den Allradantrieb. In einigen Ländern ist sie als „Haldex-Kupplung“ bekannt geworden, was ursprünglich der Handelsname des schwedischen Systems war, das unter anderem in vielen Modellen des Volkswagen-Konzerns verwendet wird.

Drehmomentsplitter des Audi RS3. Die Antriebskraft kommt über die Kardanwelle (oben in der Mitte dunkelgrau) von dem vorne eingebauten Getriebe. Lamellenkupplungen (rot gestreifte Elemente im Ausschnitt) übertragen sie dann auf die Antriebswellen der linken und rechten Hinterräder. Die elektronische Schlupfregelung der Kupplungen kann dann stufenlos und extrem schnell die Verteilung der Antriebskraft nicht nur zwischen den Hinterrädern, sondern auch zwischen Vorder- und Hinterachse verändern – wenn beide entkoppelt sind, ist der RS3 nur noch mit Vorderradantrieb unterwegs. Ein ähnliches System findet sich auch in einigen Opels, Land Rover und dem aktuellen Ford Focus RS. Quelle: Audi

Eine solche Kupplung (man stelle sich einen Satz Kupplungsscheiben wie bei einem Motorrad vor) ist in ihrer typischen Ausführung nicht für die systematische Belastung in schwerem Gelände geeignet, weil sie dann überhitzt und schnell verschleißt. In Verbindung mit einer modernen elektronischen Steuerung und im Zusammenspiel mit anderen elektronischen Fahrzeugsystemen, vor allem ESP und EDS, ermöglicht sie es jedoch, die Verteilung der Antriebskraft zwischen den Achsen sehr schnell und präzise nach dem momentanen Bedarf zu regeln. Es kann nur bei starkem Schlupf an den Vorderrädern eingreifen, „ständig“ eingeschaltet sein oder proaktiv arbeiten, um die Beherrschbarkeit des Fahrzeugs durch richtig getimte Impulse auch bei sportlicher Kurvenfahrt zu verbessern. Dies hängt nur von der Software und den Vorlieben des Fahrzeugherstellers ab.


Braucht man den Allradantrieb wirklich so sehr, wie man denkt?

Foto: VW

Wer einmal erlebt hat, wie souverän ein Fahrzeug mit Allradantrieb einen verschneiten Berg hinauf „fliegt“, während Autos mit Frontantrieb nur im Schritttempo hinaufkriechen und Autos mit Heckantrieb hilflos am Fuße des Berges stehen, wird sich die „Notwendigkeit“ des Allradantriebs nicht ausreden lassen. Allradantrieb ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Zwar schreiben viele Autofahrer in Kneipenrunden dem Allradantrieb geradezu die Fähigkeit zu, Krebs zu heilen und den Weltfrieden zu sichern, doch in der Realität entstehen kritische Situationen auf Schnee und Eis meist dann, wenn man zu schnell in eine Kurve fährt oder auf einer sehr kurzen Strecke zum Stillstand kommen muss – und in diesen Fällen bietet der Allradantrieb keinerlei Sicherheitsvorteil gegenüber einem Auto mit Antriebsachse, modernem ESP und guten Winterreifen. (Das war früher ganz anders, da hatten bessere Autos meist Hinterradantrieb und keine elektronische Unterstützung. Ein unsensibler Druck auf das Gaspedal auf nasser Fahrbahn, von Schnee ganz zu schweigen, reichte oft aus, um ins Schleudern zu geraten).

Entgegen der landläufigen Meinung ist ein Allradantrieb auch nicht notwendig, um auf unbefestigten Straßen zu fahren, es sei denn, sie sind besonders steil, besonders rutschig oder beides. Mehr Bodenfreiheit und Unterbodenschutz bieten inzwischen auch viele SUVs und Kombis mit Frontantrieb.

Den Vorteilen eines vierrädrigen Fahrzeugs steht die Tatsache gegenüber, dass man dreimal dafür bezahlen muss. Erstens in der Anschaffung, denn es wird teurer sein als ein gleichwertiges Modell mit Antriebsachse. Zweitens im Verbrauch – wegen des höheren Gewichts, der größeren Fahrwiderstände (Wellen, Kupplungen und Differentiale verschwinden auch dann nicht einfach, wenn der Allradantrieb gerade nicht aktiv ist), und oft auch wegen der kürzeren Getriebeübersetzung im Vergleich zu einem gleichwertigen Auto mit Frontantrieb. Und zum dritten Mal in die Werkstatt, denn auch bei Allradantriebssystemen muss das Öl gewechselt werden, die Kupplungen haben keine unendliche Lebensdauer, usw. Aus der Sicht des potenziellen Gebrauchtwagenkäufers stellt der Allradantrieb dann ein erhöhtes Wartungsrisiko dar, weil die Vorbesitzer oft an kostspieligen vorbeugenden Wartungsarbeiten gespart haben.

Überlegen Sie also, ob Ihnen das größere Sicherheitsgefühl hinter dem Steuer und die möglicherweise unterhaltsamere Fahrt auf verschneiten Straßen die höheren Kosten wert sind. Wir würden den Allradantrieb ohne zu zögern denjenigen unter Ihnen empfehlen, die in kalten, gebirgigen Gegenden leben, die regelmäßig zum Skifahren fahren, die anspruchsvolleres Gelände als gepflegte Schotterstraßen befahren müssen oder die die Einstellung und Erfahrung haben, um die sportliche Fahrt eines Allradfahrzeugs auf verschneiten Kurven zu genießen. Für alle anderen reicht auch ein ähnliches Modell mit einer Antriebsachse aus.


Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass es verschiedene Kombinationen und Varianten der beschriebenen Lösungen gibt. Immer beliebter werden Systeme mit unabhängig gesteuerter Kupplung an jeder hinteren Antriebswelle, die es ermöglichen, die Übertragung der Antriebskraft nicht nur von vorne nach hinten, sondern auch zwischen dem linken und dem hinteren Rad aktiv zu steuern. So verfügen beispielsweise der aktuelle VW Golf R oder der Audi RS3 neben stabilitätsorientierten Fahrmodi auch über einen speziellen Driftmodus, der für beeindruckende Fahrten mit kontrolliertem Übersteuern ausgelegt ist. Ausgewählte BMW M- und Mercedes-AMG-Modelle verwandeln sich dann auf Knopfdruck vom braven Allradler in ein wildes Auto mit reinem Hinterradantrieb. Und ein eigenes Kapitel stellen die mehrmotorigen Elektroautos dar, bei denen die aktive Verteilung der Antriebskraft durch das vorprogrammierte Zusammenspiel von Front- und Heckmotor gegeben ist.

Wenn wir der Meinung sind, dass ein Allradantrieb auf der Straße nicht notwendig ist, warum wird er dann in modernen Sportwagen eingesetzt? Weil sie dank der Turboaufladung der Motoren besonders leistungsstark sind. Während der BMW M5 vor zwanzig Jahren ein maximales Drehmoment von 500 Nm bei 3800 U/min erreichte, liefert sein heutiger Nachfolger 250 Nm (50 Prozent!). mehr bereits bei 1800 U/min. Eine solche Leistung unter den unvollkommenen Bedingungen des Normalbetriebs sicher und effektiv zu übertragen, ist für zwei Reifen eine fast unlösbare Aufgabe. Kompakte SUVs mit einem 1,5-Liter-Motor haben dieses Problem allerdings nicht wirklich. Foto: BMW

Sie sagen sich jetzt vielleicht, das ist ja alles schön und gut, aber Sie wissen immer noch nicht, welche Systeme sich hinter den Markennamen der einzelnen Automobilhersteller verbergen? Das ist es ja gerade. Aus dem eigentlichen Namen kann man überhaupt nichts ablesen. Hinter Audi Quattro können sich zum Beispiel vier verschiedene Lösungen verbergen, wenn man die Elektroautos nicht mitzählt – eine Lamellenkupplung vom Typ Haldex“ (A3), der beschriebene Torque Splitter“ aus dem RS3, der klassische Quattro mit Zentraldifferenzial oder Quattro Ultra“, eine Analogie zur Lamellenkupplung, die für einige Varianten großer Modelle mit längs eingebauten Motoren (ab A4) vorgesehen ist. Ebenso bedeutet xDrive bei BMW im X1 etwas ganz anderes als im X5, ebenso wie 4Matic bei Mercedes. Und 4Motion im Touareg hat mit 4Motion im Passat außer dem Namen nichts gemeinsam. Subaru, das jahrelang seinen „Symmetrical AWD“ auf Basis des Differentials über Lamellenkupplungen im Marketing platziert hat, verwendet diese Lösung nun selbst ohne Erröten in Fahrzeugen mit CVT-Getrieben. Generell besteht bei den Herstellern die Tendenz, mechanische Differentiale durch elektronisch gesteuerte Kupplungen zu ersetzen, selbst bei größeren und teureren Modellen, bei denen dies noch vor wenigen Jahren undenkbar war.

Eigentlich spielt es keine Rolle

Wie kann sich der Kunde also orientieren? Wenn es für Sie wirklich entscheidend ist, dann mit Hilfe von Fachartikeln, Diskussionsforen und eventuell den technischen Unterlagen der Autohersteller. Aber ehrlich gesagt empfehlen wir, dass die große Mehrheit der Autofahrer der technischen Lösung des Allradantriebs keine große Bedeutung beimisst. Jahrelange Entwicklung und moderne Elektronik haben dafür gesorgt, dass die einzelnen Systeme für ihren Einsatzzweck gut geeignet sind. Ganz gleich, ob Sie mit einem mit Baumaterialien beladenen Pickup durch den Schlamm fahren müssen, bei einem Familienausflug in die Berge mehr Sicherheit und Stabilität wünschen oder mit Ihrem sportlichen Geländewagen an einem winterlichen Drifttraining teilnehmen wollen, der Allradantrieb wird Sie sicher nicht einschränken.

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