Das Gewirr von Buchstaben und Zahlen auf der Reifenflanke ist auf den ersten Blick rätselhaft. Wer es aber „entschlüsseln“ kann, findet viele interessante Informationen. Schauen wir uns zumindest die wichtigsten an. Neben der Herstellermarke und dem Modell des Reifens ist die auffälligste Angabe in der Regel die Reifendimension. Diese kann zum Beispiel so aussehen:
215/50 R17 91V
Wie liest man die Reifengröße?
Die erste Zahl, in unserem Beispiel 215, gibt die Breite des Reifens in Millimetern an. Die Zahl nach dem Bruchstrich ist das Verhältnis der Höhe der Reifenflanke zur Breite des Reifens in Prozent. In unserem Beispiel also 50. Die Flankenhöhe des Reifens beträgt also genau die Hälfte (50 %) von 215 mm, also rechnerisch 107,5 mm. In der Praxis wird es etwas mehr oder weniger sein. Reifen werden nämlich nicht auf den Zehntelmillimeter genau hergestellt.
Der Buchstabe R steht für die Radialkonstruktion des Reifens. Eine andere Konstruktion findet man bei normalen PKW-Reifen nicht mehr – anders als zum Beispiel bei Reifen für Motorräder oder Nutzfahrzeuge. Die Zahl 17 gibt dann den Innendurchmesser der Felge in Zoll an. Ein Zoll entspricht 25,4 mm, in unserem Beispiel hat die Felge also einen Durchmesser von 432 mm.
Tragfähigkeitsindex und Geschwindigkeitsindex des Reifens
Die folgende Kombination der Zahl und des Buchstabens verrät indirekt, wie schwer ein Auto die Reifen tragen kann und wie schnell man damit fahren darf. Die Zahl ist der Tragfähigkeitsindex des Reifens in Kilogramm, von 50 (190 kg) bis 124 (1600 kg). In der Praxis sind Indexwerte zwischen 90 und 95 am häufigsten anzutreffen, da diese den Umfang der Betriebsgewichte der Majorität üblicher Autos decken. Analogisch drückt der Buchstabe den Index der Maximalgeschwindigkeit des Reifens aus, von L (120 km/h) bis Y (300 km/h). Es geht jedoch nicht so ganz alphabetisch hintereinander. Buchstaben O, P und X werden unter den Geschwindigkeitsindexen nicht benutzt, dagegen sind zwischen U (200 km/h) und V (240 km/h) noch H (210 km/h) hineingesteckt. Reifen der Top-Leistungsklasse über 300 km/h werden dann noch mit zusätzlichen Buchstaben ZR bezeichnet.
Sie können Reifen mit einem höheren als dem für Ihr Fahrzeug vorgeschriebenen Geschwindigkeitsindex verwenden, aber logischerweise nicht mit einem niedrigeren. Eine Ausnahme bilden Winterreifen. Ihr Geschwindigkeitsindex war vor allem in der Vergangenheit niedriger als der von Sommerreifen gleicher Größe und Leistung. Es ist legal, sie im Auto zu haben, aber laut Gesetz darf man die Geschwindigkeitsbegrenzung des Reifens nicht überschreiten. Außer vielleicht auf deutschen Autobahnen ist das aber für europäische Autofahrer heute kein Thema mehr, auch billigere Reifen haben meistens einen Geschwindigkeitsindex, mindestens H.
Diese Bezeichnung finden Sie auf allen gängigen Reifen. Dahinter können, müssen aber nicht, weitere „Kürzel“ stehen, z.B. TL (Tubeless, schlauchlose Konstruktion) oder XL (tragende Ausführung für größere und schwerere Fahrzeuge, typischerweise SUV).
Auf den Reifen ist auch der Druck angegeben, normalerweise in kPa. Achtung: Es handelt sich dabei um den maximalen Luftdruck für den jeweiligen Reifentyp, nicht um den empfohlenen Wert! Halten Sie immer den vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen Luftdruck ein. Sie finden ihn in der Bedienungsanleitung und meist auch auf einem Schild am Türrahmen..
3PMSF oder M+S?
Im Zusammenhang mit Winterreifen ist noch eine relative Änderung zu erwähnen. Statt der traditionellen Kombination M+S (Mud + Snow, Matsch und Schnee) werden Winterreifen künftig mit dem Symbol der drei Alpengipfel und einer Schneeflocke, kurz 3PMSF (Three-Peak Mountain Snowflake), gekennzeichnet. Es handelt sich um eine neue Kennzeichnung nach den aktuellen EU-Vorschriften.
Wie ermittelt man den Alter eines Reifens
Auch mit dem Bild der Berge ist das Rätsel noch lange nicht gelöst. Auch der DOT-Zulassungscode ist ein untrennbarer Bestandteil der Kennzeichnung auf der Seitenwand des Reifens. Suchen Sie auf der Seitenwand nach der Aufschrift „DOT“, der in der Regel drei alphanumerische Zeichengruppen folgen. Die letzten vier Ziffern geben die Herstellungswoche und das Herstellungsjahr des Reifens an. Ein Reifen, dessen DOT mit 1522 endet, wurde beispielsweise in der 15. Woche des Jahres 2022 hergestellt.
Wozu ist das gut? Reifen altern mit der Zeit. Wenn sie sieben Jahre oder länger auf einem Fahrzeug montiert sind, haben sie nicht mehr ihre ursprünglichen Eigenschaften, und sie sagen auch etwas darüber aus, wie sorgfältig der Besitzer das Fahrzeug gewartet hat. Große Unterschiede im Alter der Reifen an einzelnen Rädern können dann z.B. auf einen Unfall und die Beschaffung von Ersatzteilen auf Autofriedhöfen hindeuten.
Beim Kauf neuer Reifen sollte man sich jedoch nicht zu sehr am Herstellungsdatum orientieren. Denn bei richtiger Lagerung verändern sich ihre Eigenschaften kaum. Der Alterungsprozess beginnt erst mit der Witterung und den mechanischen und chemischen Einflüssen nach der Montage am Fahrzeug.
Ein Sternchen für BMW
Finden sich hinter der Handelsbezeichnung weitere Buchstaben oder Zahlen, so handelt es sich um eine Reifenversion, die speziell für einen bestimmten Fahrzeughersteller oder sogar für ein bestimmtes Fahrzeugmodell entwickelt wurde. Bei BMW ist dies in der Regel das Symbol eines Sterns, die Kodes K1 bis K3 stehen für Ferrari, das N für Porsche usw. Das bedeutet nicht, dass diese Reifen nicht auch für andere Fahrzeuge verwendet werden können. Sie wurden jedoch für die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Herstellers entwickelt und können daher auf einem anderen Fahrzeug ganz andere Eigenschaften haben. Genauso kann ein Reifentyp mit der gleichen Bezeichnung, z.B. Pirelli P Zero 315/30 R22 107Y ZR, unterschiedliche Konstruktionen und manchmal auch unterschiedliche Profilmuster haben, je nachdem, ob es sich um eine Version für den allgemeinen Markt, für BMW oder für Porsche handelt!
Sie sehen, wir haben nicht übertrieben. Die Reifenflanke ist eine wahre Informationsquelle, wenn man sie lesen kann – und das können Sie jetzt.